07.07.2016

Workshop: Verspielte Zukunft? Armut von Kindern und Jugendlichen

Von: Nina Ohlmeier, Deutsches Kinderhilfswerk e.V.
Workshop "Verspielte Zukunft?" Foto: Stephanie von Becker

Workshop "Verspielte Zukunft?" Foto: Stephanie von Becker

Wie der Titel „Verspielte Zukunft“ bereits andeutet: Armut in jungen Jahren hat eine gesamtgesellschaftliche Perspektive. Mit den Bildungs- und Teilhabechancen, die wir Kindern für ihr späteres Leben geben, legen wir den Grundstein für den zukünftigen sozialen Aufbau der Gesellschaft. Aber nicht nur der in die Zukunft gerichtete und gesamtgesellschaftlich fokussierte Blick verpflichtet zur Bekämpfung von Kinderarmut. Laut UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland sich verpflichtet hat umzusetzen, sind Kinder von Geburt Träger eigener Rechte. Zu diesen Rechten zählen das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard und das Recht auf soziale Sicherheit. Die Bekämpfung von Kinderarmut ist somit nicht nur für die Zukunftsfestigkeit unserer Gesellschaft notwendig, sondern auch ganz gegenwärtige Verpflichtung jedem einzelnen Kind gegenüber.

Deutschland gehört zu den reichsten Ländern der Welt. Trotzdem wächst jedes fünfte Kind in Armut auf, mit den bekannten Auswirkungen auf die Gesundheit, Bildungs- und Zukunftschancen der betroffenen Kinder. Der 6. Bildungsbericht aus diesem Jahr dokumentiert eine beunruhigende Tendenz: Während es in Deutschland nach wie vor nicht gelingt, den engen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg aufzubrechen, verschärft sich dieser durch die zunehmenden regionalen Disparitäten noch. Umso wichtiger erscheint der Blick auf das direkte Lebensumfeld von Kindern.

Der Workshop „Verspielte Zukunft: Armut von Kindern und Jugendlichen“ befasste sich mit kindbezogener Armutsprävention auf der kommunalen Ebene. Dabei stand die erfolgreiche Zusammenarbeit von Land und Kommune bei der Umsetzung gemeinsamer Strategien im Fokus. Hauptziel der kindbezogenen Armutsprävention ist es, Armutsfolgen zu begrenzen oder bestenfalls zu vermeiden, aber auch ursächliche Gründe im familiären und sozialen Umfeld der Kinder positiv zu beeinflussen.

Insbesondere Kommunen – als zentraler Lebensort von Kindern und Jugendlichen – stehen häufig vor der Herausforderung, mit kleinen finanziellen Spielräumen haushalten zu müssen. Gleichzeitig stellen sie in einer gesamtgesellschaftlichen Strategie die Handlungsebene für ganz konkrete lebensweltbezogene Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Kindern, die von Armut bedroht oder betroffen sind, dar.

Sara Vazquez, Mitarbeiterin der Koordinationsstelle Kinderarmut beim Landschaftsverband Rheinland, erläuterte in ihrem Vortrag die Leitlinien ihres Programms „Teilhabe ermöglichen – Kommunale Netzwerke gegen Kinderarmut“. Die Koordinationsstelle unterstützt Jugendämter im Rheinland beim Auf- und Ausbau von Präventionsketten und Netzwerken zur Vermeidung der Folgen von Kinderarmut. Anette Tiltmann, kommunale Netzwerkkoordinatorin beim Programm „KiM – Kinder im Mittelpunkt. Aachen mach Kinder stark!“, illustrierte und verdeutlichte die Leitlinien anhand ihrer Erfahrungen mit der konkreten Umsetzung eines Netzwerkes.

Die Vorträge wie auch die anregende Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops machten eine Reihe an Herausforderungen und Erfolgsfaktoren für das Gelingen von kommunalen Netzwerken deutlich.

Als entscheidende erste Schritte wurden das politische Engagement vor Ort und die Offenheit der Akteure, das vorerst negativ besetzte Thema „Kinderarmut“ anzugehen, ausgemacht. Darüber hinaus gilt es, möglichst viele Akteure mit ins Boot zu holen, bestehende Strukturen gemeinsam in Frage zu stellen, Ziele zu entwickeln und erste „machbare“ Schritte zu entwerfen, etwa erst ein Stadtviertel oder bestimmte Lebenszyklen von Kindern in den Blick zu nehmen. Ist eine Dynamik angestoßen und haben sich Akteure gemeinsam auf den Weg gemacht, setzt sich dieser Prozess erfahrungsgemäß fort. Nicht zuletzt hängt die Initialzündung aber auch vom persönlichen Einsatz der Beteiligten und der Umsetzung von innovativen Ideen ab. Eine letzte Herausforderung besteht darin, den Prozess nachhaltig zu verankern.

Als Erfolgsfaktoren wurden zuvorderst das Umdenken und Verständnis der Verwaltung für niedrigschwellige Zugänge für Familien ausgemacht. Gleichzeitig steht die Politik in der Pflicht, ausreichende Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die die Verstetigung der kommunalen Vernetzungsarbeit ermöglichen. Wünschenswert wäre, so das Fazit der Diskussion, nicht nur der flächendeckende Ausbau von Präventionsnetzwerken, in der Zusammenarbeit von Land und Kommunen, sondern auch die Kombination mit einer von der Bundesebene finanzierten Existenzsicherung aller Kinder.

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